Leben

Achtsam
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Stress und Schmerzen davongehen? Es funktioniert. Wir zeigen Ihnen, wie man Schritt für Schritt lernt, sich auf den Moment zu besinnen. Text: Michaela Werthmüller

Es knistert unter den Füßen, es fühlt sich moosig weich an. Dann wieder sticht etwas leicht auf der Fußsohle. In der Luft hängt ein Duft von Tannen und Harz. Blätter rauschen, Vögel zwitschern. Jetzt einmal richtig bewusst tief ein- und ausatmen. Und langsam losgehen. Es geht nicht darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern sich selbst wieder zu spüren und sich auf den Moment zu besinnen. Das bestätigt auch der Gesundheitspsychologe Dr. Norman Schmid: „Achtsamkeit bedeutet‚ ganz gegenwärtig im aktuellen Augenblick zu sein.“

Den Augenblick erleben
„Der Kern der Achtsamkeit, ist nichts zu analysieren, nichts zu bewerten sondern alles so anzunehmen, wie es ist. Es ist ein sehr bewusster, sehr wacher Prozess, der allerdings nicht mit Denken verbunden ist“, so Schmid. Besonders wichtig bei der Achtsamkeit sei der Aspekt des Nichts-Tuns.
Was wie esoterischer Hokuspokus klingt, hat schon seit längeren Einzug in die Medizin gefunden. „Die Achtsamkeitsmeditation ist eine sehr schöne Ergänzung zu anderen Therapieverfahren“, erläutert Schmid. Wichtig sei es, dass man aus Bewertungsprozessen herauskomme, das Hadern mit dem Schicksal und sich selbst abstelle. „Natürlich ist es verständlich, dass bei Menschen mit Schmerzen negative Gedankenmuster aufkommen. Aber man muss bedenken, dass durch negative Denkmuster der Schmerz noch stärker empfunden wird. Es geht darum, es anzunehmen, wie es ist. Zu sagen: „Ja ich habe diese Beschwerden, diese Depression oder diese Ängste und ich kann einiges tun, diesen Zustand zu verbessern.“

Bewusst durch den Alltag
Die Technik der Achtsamkeit ist schon uralt und hat eine bewährte Tradition im Buddhismus. Der amerikanische Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn entwickelte diese ursprüngliche Idee zur Technik der „Achtsamkeitsmeditation“ weiter, auch MBSR-Programm (Mindfulness-Based Stress Reduction = Achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung) genannt. Es ist eine Therapie, die sich auf das Hier und Jetzt konzentriert. Kabat-Zinn setzte das Achtsamkeitstraining in den 70er-Jahren oftmals als Therapie zur Stress- und Angstbewältigung ein. In damaligen medizinischen Untersuchungen wurde u. a. festgestellt, dass bei Teilnehmern des MBSR-Programms ein Anstieg der Antikörper zu beobachten war,  ein positiver Marker für die Gesundheit. Die medizinische Wirksamkeit wird auch immer häufiger bei verschiedenen chronischen Erkrankungen, Schmerzzuständen, Schlaf- und Angststörungen oder Depressionen angewandt, was Gesundheitspsychologe Dr. Norman Schmid bestätigt.

Dem Stress auf der Spur
Unser Herz schlägt nicht immer exakt und in regelmäßigen Abständen. Unser Organismus und somit auch unser Herz reagieren auf äußere und innere Faktoren. Um diese Einflüsse zu messen, wendet man die  sogenannte Herzratenvariabiltät (HRV) an, die als zuverlässiger Indikator für die Anpassungsfähigkeit unser Körpers an äußere und innere Faktoren gilt. Sie zeigt das Maß für Stress und Erholungsfähigkeit auf, bevor wir es überhaupt spüren. Die Veränderungen bewegen sich im Bereich von Millisekunden. Durch die moderne Technik der HRV-Messung kann man jedoch schnell eine deutliche Aussage zum jeweiligen Stresslevel und der individuellen Regulationsfähigkeit machen.  Die Stressbewältigung selbst kann man durch die jahrtausendealte Methode der Achtsamkeit positiv beeinflussen.
„Bereits ein paar Minuten Achtsamkeit am Tag sind ein ganz wertvoller Prozess“, erklärt Schmid. „Man muss sich dazu nicht eine halbe Stunde in den Lotussitz begeben.“

Schritt für Schritt:
Anleitung zum Achtsamen Gehen (Mindful Walking)

1. Stellen Sie sich aufrecht hin, die Beine hüftbreit geöffnet und lassen Sie Ihre Schultern locker nach unten hängen. Bleiben Sie nun einen Moment stehen, schließen Sie die Augen, und lassen Ihre Umgebung auf sich wirken. Wie fühlt sich Ihr Untergrund an? Nach was duftet es? Was hören Sie?

2. Atmen Sie bewusst mehrmals tief ein und aus.

3. Dann machen Sie einen Schritt nach vorn, d. h. Sie heben einen Fuß behutsam hoch, setzen ihn vor dem Körper zuerst mit der Ferse sachte wieder auf, rollen ihn nach vorne ab und kommen so ins Gehen. Nehmen Sie sich Zeit.

4. Richten Sie Ihre gesamte Konzentration auf das Gehen. Es werden Ihnen wahrscheinlich immer wieder Gedanken einschießen. Das ist normal, einfach nicht ärgern oder unter Druck setzen lassen, sondern versuchen Sie sich wieder aufs Gehen zu konzentrieren.

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