Zähne

Der Milchzahn macht’s

Warum Speisesalz gesund für die Zähne sein kann, was die Zahnbürste mit Schönschreiben zu tun hat, und wie man Kinder dazu bringt, den Mund aufzumachen, erklärt Kinderzahnärztin Dr. Nicoleta Dumitrescu im Gespräch. Text: Eva Baumgardinger

200327374-001Wann sollte man mit seinem Kind zum ersten Mal zum Zahnarzt?
Dr. Nicoleta Dumitrescu: Am besten nach Durchbruch des ersten Milchzahnes, spätestens aber mit dem Durchbruch aller Milchzähne, also mit ca. zweieinhalb bis drei Jahren. Die ersten Termine sind vor allem für die Eltern wichtig, weil es um Information und Aufklärung geht, also Probleme beim Zahnen, richtiges Zähneputzen, altersspezifische Ernährung, zahngesundes Verhalten. Danach ist eine halbjährliche Kontrolle optimal.

Wie bekommen Sie die Kinder dazu, den Mund aufzumachen?
Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Mit den ganz Kleinen spiele ich zum Beispiel große Fliege oder Flugzeug, das kurz im Mund vorbeischauen und die Zähnchen zählen will, und mache dabei selber den Mund auf. Die Älteren nehme ich auf den Schoß, während die Mutter oder der Vater auf dem Zahnarztstuhl liegen. Wir untersuchen dann gemeinsam das Gebiss von Mama mit dem Spiegel und zählen ihre Zähne. Es ist ganz klar so, dass Kinder in einer entspannten Atmosphäre alles mitmachen.

Süßigkeiten sind in vielen Familien ein großes Thema. Was ist ihr Tipp?
Man sollte Süßigkeiten nicht ganz verbieten. Kinder haben eine natürliche Vorliebe für Süßes, schon die Muttermilch ist süß. Es geht darum, wie lange der Zucker im Mund verweilt. Wenn ich meinem Kind nach dem Mittagessen eine Tafel Schokolade gebe und dann die Zähne putze, ist das weniger schädlich für die Zähne, als das Kind verteilt über den Tag Gummibärchen essen zu lassen oder es ständig an einem Fläschchen mit gesüßter Flüssigkeit (Milch, Säfte, gezuckerter Tee) nuckeln zu lassen. Wirklich verboten ist, dass man Schnuller oder Löffel des Kindes abschleckt. Dadurch werden Keime übertragen, die am kariösen Prozess beteiligt sind.

Wann beginnt das Zähne­putzen, wann können es Kinder alleine?
Ab dem ersten Zahn müssen die Eltern zwei Mal pro Tag putzen. Wichtig ist das Putzen vor dem Schlafengehen, danach wird nur noch Wasser getrunken. Alleine kann ein Kind erst putzen, wenn die Feinmotorik entwickelt ist, also im Volksschulalter. Die Faustregel ist: Wenn die Schrift flüssig ist, sind die Voraussetzungen gegeben, dass das Putzen effizient beherrscht wird. Trotzdem sollten die Eltern immer kontrollieren und bei Bedarf nachputzen.

Warum ist der vorzeitige Milchzahnverlust so schlimm?
Die Milcheckzähne und die seitlichen Milchzähne haben eine Platzhalter-Funktion, das heißt, sie reservieren den Platz für die nachkommenden Zähne. Wenn diese Zähne vorzeitig verloren gehen, zum Beispiel durch Karies, finden Zahnbewegungen statt, die zu Zahnfehlstellungen und -engstand führen – im Mund entsteht ein Durcheinander. Frontzähne wiederum spielen eine große Rolle bei der Sprachentwicklung und sind ein ästhetisches Thema. Viele Kinder werden im Kindergarten oder in der Schule gehänselt. Wichtig ist deshalb die Zahnpflege vom ersten Zahn an, damit vorzeitiger Zahnausfall verhindert wird. Auch Gewohnheiten wie intensive Verwendung des Schnullers und Daumenlutschen sollten so früh wie möglich, spätestens mit drei Jahren, abgestellt werden. Sonst kommt es zu Zahn- und Kieferfehlstellungen („lutschoffener Biss“), die später nur mit großem Aufwand korrigiert werden können; bei kleinen Kindern kann ich noch mit einfachen Eingriffen eine Korrektur vornehmen. Außerdem gibt es Fehlstellungen, die eine genetische Ursache haben und frühzeitig zu behandeln sind (Kreuzbiss). Deshalb sollte die erste kieferorthopädische Kontrolle mit vier Jahren vom Zahnarzt durchgeführt werden.

Flouride sind wichtige Karieshemmer. Empfehlen Sie Tablette oder Zahnpasta?
Flourid muss direkten Kontakt mit dem Zahn haben, damit es seine karieshemmende Wirkung entfalten kann. Durch die Verwendung einer Zahnpasta mit Flourid erreicht man diesen Effekt. Der Flou­rid­gehalt ist normalerweise auf der Tube angegeben, empfohlen werden 500 ppm (parts per million, Anm. d. Red.). Kindern bis zwei Jahre sollte man einmal täglich mit einer erbsengroße Menge die Zähne putzen, zwischen 2 und 6 Jahren zweimal täglich, und ab
6 Jahren kann man auf eine Flouridzahnpasta für Erwachsene umsteigen. Zusätzlich dazu empfehle ich die Verwendung von flouridiertem Speisesalz. Das hat den Vorteil, dass durch das Kauen des Essens das Flourid lokal im Mund wirken kann. Die täglich notwendige Flouridmenge ist damit auch gedeckt. Als Alternative wäre die Flouridzufuhr in Form von Tabletten möglich. Eine Tablette sollte man allerdings im Mund zergehen lassen und dann erst schlucken, damit die so wichtige lokale Wirkung zum Tragen kommt. Aber zeigen Sie mir ein zweijähriges Kind, das das machen kann.

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Dr. Nicoleta Dumitrescu ist Kinderzahnärztin und Leiterin des Spezialbereichs Kinderzahnheilkunde an der Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik Wien. Infos: www.bgzmk.meduniwien.ac.at

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Wie man Kindern die Angst vorm Zahnarzt nimmt

Niemals drohen: Sätze wie „Wenn du dir die Zähne nicht richtig putzt, musst du zum Zahnarzt“ machen aus dem Zahnarzt ein Schreckgespenst.

Ehrlich sein. „Hab keine Angst“ versteht ein Kind nicht, es hört nur das Wort „Angst“ und wird misstrauisch. Verwenden Sie neutrale oder positive Begriffe und erklären Sie, was passiert. Statt „Es tut gar nicht weh“,
lieber „Es wird vielleicht ein bisschen pieksen, aber bei drei ist es schon wieder vorbei“.

Vorzeigen. Nehmen Sie Ihr Kind mit, wenn bei Ihnen ein harmloser Eingriff gemacht wird. Wenn es sieht, dass sie danach lächeln, wird es sich beim Gedanken an den Zahnarzt nicht verkrampfen.

Loben. Kinder haben ein anderes Schmerzempfinden als Erwachsene. Bis zum Alter von zwölf nehmen sie Behandlungen, die für Erwachsene nur unangenehm sind, als schmerzhaft wahr. Ein „Das hast du gut gemacht“ zwischendurch und am Ende der Behandlung ist daher umso wichtiger. Beim Kinderzahnarzt gibt es nach jeder gelungenen Sitzung eine Belohnung aus der Schatzkiste.

Nicht zwingen. Der Mund bleibt versperrt, die Tränen kullern, das Kind versteckt sich hinter der Mama – es gibt Tage, an denen geht es einfach nicht. Dann sollte man eine Behandlung auch mal verschieben, das schont auch die Nerven der Eltern.

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