Inkontinenz

Wenn es tröpfelt

Nach einer Schwangerschaft und in den Wechseljahren leiden viele Frauen an einer schwachen Blase. Doch man kann gut vorbeugen und behandeln. Text: Eva Baumgardinger

inkontinenzInkontinenz ist ein Tabuthema. „Die Betroffenen ­leiden leider oft sehr still, sie glauben, es ist etwas Schicksalhaftes, sprechen oft nicht einmal mit ihren Freunden und Verwandten drüber, gehen nicht zum Arzt“, sagt Dr. Mons Fischer. Der Urologe und Präsident der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich verweist auch auf eine Studie, nach der nur etwa ein Drittel der Patienten den Arzt selber auf ihre Inkontinenz ansprechen. „Aber wenn man fragt, würden 80 bis 90 Prozent gerne darüber reden. Das heißt, wichtig ist, nicht zu verzagen, sondern zum Arzt gehen. Es gibt Hilfe“, sagt Fischer. Harninkontinenz ist ein Frauenleiden – eine Million Österreicher sind im Laufe ­ihres Lebens betroffen, etwa 850.000 davon sind Frauen. Schwangerschaften und Östrogenmangel in den Wechseljahren zählen zu den häufigsten Ursachen. Aber auch Übergewicht und schwere körperliche Arbeit können eine Harninkontinenz auslösen.

Wo ist die nächste Toilette?
Es gibt fünf verschiedene Arten der Inkontinenz, wobei nur zwei davon wirklich häufig sind: Bei der sogenannten Dranginkontinenz haben die Patienten ständig das Gefühl, die Blase leeren zu müssen. Der Drang wird so stark, dass er oft nicht mehr zurückgehalten werden kann und die Patienten suchen ständig nach der nächstgelegenen Toilette, was die Lebensqualität stark einschränken kann. Schuld an der Dranginkontinenz ist eine Überaktivität der Blase. Die zweite sehr häufige Form ist die sogenannte Belastungsinkontinenz. Dabei ist der Harnverlust immer mit einer Anstrengung verbunden. Anfangs kommt es beim Husten und Niesen zu Harnverlust, später bereits bei leichter ­An­strengung. Gründe für eine Belastungsinkontinenz sind vor allem ein belasteter ­Beckenboden.

Hochleistungsmuskel
Der Beckenboden – umrahmt vom Beckenknochen – besteht aus einem Netz von Muskelfasern zwischen Steißbein, Sitzbeinhöckern und Schambein und hat Einfluss auf Blase, Atmung, Haltung sowie Stabilität des Körpers. Bei einer Schwangerschaft erschlafft diese Muskulatur, damit bei der Entbindung der Kopf des Kindes durchtreten kann. Bei einer Geburt wird die Beckenmuskulatur bis aufs Äußerste gedehnt. Daher raten Hebammen und Gynäkologen jungen Müttern unbedingt zur Rückbildungsgymnastik.

Vorbeugung mit Beckenbodentraining
Die Schwierigkeit beim Beckenbodentraining ist die Fähigkeit, den Beckenboden überhaupt wahrzunehmen und ihn bewusst anzuspannen. Deshalb sollte man sich ein Beckenbodentraining zunächst von einer Physiotherapeutin oder einer Hebamme zeigen lassen. Ein bekanntes Beispiel ist die sogenannte Ping-Pong-Übung: Ein imaginärer Ball liegt im Inneren des Körpers auf dem Beckenboden und wird durch schnelles Anspannen der Muskulatur hoch in den Bauchraum geschubst, von wo er zurück auf den Beckenboden fällt. Frauen während der Schwangerschaft, nach der Geburt und vor den Wechseljahren sollten den Beckenboden am besten schon vorbeugend stärken – und konsequent trainieren. „Etwa die Hälfte der Patientinnen kann gar nicht zusammenkneifen. Sie lernen das zwar oft alle nach der Geburt, aber es wird dann nicht weitergemacht“, sagt Fischer. Wichtig ist, dass man möglichst früh trainiert und das Training am Laufen gehalten wird. „Wenn dann die Beschwerden da sind, muss man oft monate- oder jahrelang trainieren – oder sich operieren lassen. Aber auch hier gibt es immer wieder neue Entwicklungen. Es wird immer weniger invasiv, das heißt weniger belastend für den Patienten – mit den gleichen Heilungschancen.“

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Dr. Mons Fischer ist Facharzt für Urologie und Andrologie (ein Spezialgebiet der Medizin, das sich mit den Fortpflanzungsfunktionen des Mannes und deren Störungen befasst). Der wissenschaftliche Schwerpunkt des gebürtigen Schweden liegt auf dem Gebiet der Urologischen Onkologie (Krebstherapie) und auf dem Gebiet der Inkontinenz und Enuresis (ungewolltes Urinieren). Er ist zudem Präsident der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ). Infos: www.urologiefischer.at

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Drang- und Belastungsinkontinenz sind behandelbar

Sehr wirksame Behandlungsmethoden gibt es für die Dranginkontinenz. Wenn jemand sehr oft aufs Klo gehen muss oder es „nicht mehr zurückhalten“ kann, hilft oft eine medikamentöse Therapie. Möglich ist die Verwendung von Botox, das auch gegen Falten eingesetzt wird. Es wird an 30 Stellen an die Blasenwand gespritzt und die Blase ist dann für ein halbes Jahr oder länger ruhiggestellt. Auch die Einnahme von Östrogen kann hilfreich sein. Bei der Belastungsinkontinenz gibt es neben dem Beckenbodentraining auch die – übrigens völlig schmerzfreie – Elektrostimulation, bei der bestimmte Nerven des Beckenbodens gereizt werden. Auch mit kleinen in die Vagina eingeführten Gewichten (Feminakone oder Vaginalkonen) oder sogenannten Liebeskugeln kann der Beckenboden trainiert werden. Die Kombination aus physikalischer Behandlung und Medikamenten ist meist der Schlüssel zum Erfolg. Lange Zeit galt die Zufuhr von Hormonen (Östrogen und Gestagene) als Wunderwaffe gegen Inkontinenz in der Menopause. Zwar kann eine Hormontherapie bei anderen Wechselbeschwerden durchaus sinnvoll sein, bei Harninkontinenz halten sie Experten mittlerweile aber nicht mehr für zielführend. Große Untersuchungen wie die WHI-Studie (Women-Health-Initiative-Studie) mit einigen Tausenden Teilnehmerinnen haben in den letzten Jahren mehrfach bestätigt, dass eine systemische Hormontherapie, also die Einnahme von Hormontabletten, Harninkontinenz sogar verstärken kann.

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Wann muss ich zum Arzt?

Sie leiden an einer Blasenschwäche, wenn Sie eine der folgenden Fragen mit Ja beantworten.

Müssen Sie sehr häufig auf die Toilette gehen tagsüber öfter als 8 Mal und/oder nachts auch einige Male?

Leiden Sie an plötzlichem, unkontrollierbarem Harndrang?

Verlieren Sie Harn bei körperlicher Aktivität – z. B. beim Husten, Niesen, Lachen, Treppensteigen …?

Wenn Sie Harn verlieren, leiden Sie dann gleichzeitig an starkem Dranggefühl?

Verlieren Sie Harn bei körperlicher Aktivität und verspüren Sie dabei gleichzeitig starken Drang?

Verlieren Sie unfreiwillig Harn?

Quelle: Pfizer Corporation

 

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