Darm

Macht der Mitte

darm aufmDie Bakterien im Darm sorgen für unsere Gesundheit und Wohlbefinden. Besonders im Alter sollte man auf eine Vielfalt achten. Ein Statusbericht.
Text: Michaela Werthmüller

Er ist mehr als ein Schlauch und ist mittlerweile der Star in der medizinschen Forschung. Er führt sogar Bestseller-Listen an. Unser Darm vollbringt tagtäglich Höchstleistungen. Im Laufe unseres Lebens transportiert er 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit durch den Körper und muss dafür sorgen, dass wir dabei ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. „Unser Darm ist ein fabelhaftes Wesen voller Sensibilität, Verantwortung und Leistungsbereitschaft. Wenn man ihn gut behandelt, bedankt er sich dafür“, erklärte die Medizinstudentin Giulia Enders in ihrem Buch „Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ“, das 2014 in Deutschland das meistverkaufte Hardcover-Sachbuch war. „Die Gesundheit sitzt im Darm“, so lautet eine alte Medizinerweisheit. Und tatsächlich: „Paracelsus ebenso wie Hippokrates und allen berühmten Ärzten früherer Zeiten war klar, dass der Darm die Basis für unsere Gesundheit ist“, erklärt die Darm-Expertin Mag. Anita Frauwallner.

Große Bakterien-WG
Die Zahl der Mikroorganismen im Darm übersteigt die Zahl der Zellen des gesamten menschlichen Organismus. Manche sind noch unerforscht. Doch klar ist, dass diese Mikroorganismen, dieses sogenannte Mikrobiom, unter anderem für Verdauung, Vitamin- und Energieproduktion verantwortlich sind. „Faszinierende Studien haben gezeigt, dass die Verfügbarkeit von Vitaminen und Spurenelementen, aber auch von Hormonen oder kurzkettigen Fettsäuren, all das, was für Vitalität und Energie bestimmend ist, abhängig von einer ausreichenden Menge und Diversität an Darmbakterien ist“, erklärt die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Probiotische Medizin. „Diese Darmbakterien entscheiden darüber, ob Vitalstoffe überhaupt in die Zellen transportiert werden und ihre aktivierende Wirkung auch tatsächlich ausüben können.“

Schwund der Bakterien
Laut den Studienergebnissen   des bekannten Mikrobiom-Forschers Prof. Paul W. O’Toole von der irischen Universität Cork unterscheidet sich das Darm-Mikrobiom älterer Menschen von jenem junger. Dieses Ergebnis war keine große Überraschung. Aber die Forscher untersuchten 500 Personen im Alter von über 65 Jahren, die in einer Gemeinschaft zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen lebten, und sie kamen zum Schluss, dass Lebensstil und Ernährung maßgeblich für ein verändertes Darmmilieu verantwortlich sind. Besonders auffällig war es bei den Teilnehmern aus einer Klinik oder einem Pflegeheim.
Das bestätigt auch Anita Frauwallner: „Ab dem 50. Lebensjahr sind in unserem Körper immer weniger Lactobazillen und Bifido-Bakterien angesiedelt. Diese beiden Keime sind bedeutend für die Produktion von Milchsäure“, was wiederum dafür entscheidend sei, dass sich nur ganz wenige pathogene, also krank machende Keime ansiedeln könnten.
Es sei wesentlich, etwa nach einer längeren Krankheit, einer stärkeren Antibiotika-Gabe oder in auslaugenden Stress-Zeiten, die Anzahl und Vielfalt der Darmbakterien durch speziell ausgewählte probiotische Bakterien zu unterstützen, erläutert Frauwallner. „Dies hat im Alter nicht nur eine Verbesserung der Lebensqualität zur Folge, sondern sorgt auch für eine reduzierte Anfälligkeit für Infektionen, Entzündungen und laut ersten Studien sogar für ein selteneres Auftreten von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthritis, Demenz und Morbus Alzheimer, erklärt Frauwallner.

AllergosanMag. Anita Frauwallner
Präsidentin der
Österreichischen
Gesellschaft für
Probiotische Medizin
und Leiterin eines
Kompetenzzentrums für
Mikrobiomforschung.

Fotos: www.bigshot.a/Nikola Milatovic, 123rf

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